Ausgegrenzt und ausgelacht werden, beschämt und gehänselt werden, als Kind von anderen Kindern geschubst und verprügelt werden: Mobbing hat viele Gesichter, und oft berichten hochsensible Menschen, dass sie von Mobbing als Kind betroffen waren, oder auch als Erwachsene solche Erfahrungen machen. Wie kommt das? Und was können hochsensible Menschen tun, um die Situation zu verändern? Das erfährst Du im folgenden Blogartikel.
Eines ist mir vorab jedoch sehr wichtig zu sagen:
Du bist nicht "schuld", wenn Du gemobbt wirst!
Versteh mich bitte richtig: Du bist nicht "schuld", wenn Du ausgegrenzt wirst! Du bist auch nicht "schuld", wenn andere Menschen nicht einschreiten, und Dich damit alleine lassen. Auch DAS hast Du NICHT zu verantworten. Die Verantwortung von Ausgrenzung, Bösartigkeiten, Feindseligkeiten oder was auch immer liegt ganz klar bei denen, die mobben. Zu mobben (und auch das tatenlose Zuschauen) IST und BLEIBT fies, und ist je nach Schweregrad sogar ein Straftatbestand! Bitte mach Dir das immer bewusst! Auch und gerade, wenn Du jetzt meinen Blogartikel liest.
Es kann jedoch sein, dass Mobber sich durch bestimmtes Auftreten anderer Menschen eher "eingeladen" fühlen, ihr Unwesen zu treiben. Und dafür möchte ich Dich sensibilisieren, und Dich damit ermutigen und ermuntern, aktiv zu werden, um aus dieser Dynamik möglichst aussteigen zu können.
1) Unsichere Menschen werden oft zur Zielscheibe
Viele Hochsensible fühlen sich latent unsicher, weil sie in ihrer Kindheit oft abwertende Sätze gehört haben wie: "Sei doch nicht so empfindlich", "Heul doch nicht schon wieder!", oder "Hach Du bist immer sooo kompliziert!" und "Was hast Du denn jetzt schon wieder?" Ihre Wahrnehmung wurde nicht ernst genommen, sondern eher belächelt, oder es wurde mit Ungeduld und Kritik auf Wünsche und Bedürfnisse reagiert.
Diese Unsicherheit "riechen" Menschen, die mobben. Unbewusst kommt da bei ihnen so ein Signal an wie "Mit DEM oder DER kann ich es machen." Menschen, die andere Menschen "herunterputzen" und klein machen, suchen sich gerne jemanden, der dem (vermutlich) nicht viel entgegenzusetzen hat.
Du ahnst jetzt bestimmt, was das Gegenmittel sein könnte, nicht wahr? Genau: Stärke Dein Selbstbewusstsein. Werde selbst-sicherer. Und das ist in vielen Fällen leichter gesagt, als getan. Möglicherweise reicht es aus, wenn Du Deine Körperhaltung veränderst, Dich aufrichtest, dem Anderen fest in die Augen schaust, innerlich auf den Tisch haust und denkst: "Mit MIR nicht mehr, Freundchen!!" Manchmal reicht das aus, um Deine Ausstrahlung SO zu verändern, dass Du plötzlich respektvoller behandelt wirst.
Und manchmal braucht es mehr. Auflösen von Glaubenssätzen wie "Ich bin nicht gut genug" oder das Aufarbeiten von Kindheitserlebnissen beispielsweise. Das ist sehr oft Thema in meinen Coachings . Sei es Dir wert, und hol Dir (m)eine kompetente Unterstützung an Deine Seite.
2) Die eigene Kommunikation als mögliches Konfliktpotenzial?
Hochsensibel zu sein bedeutet nicht automatisch, auch selbst sensibel kommunizieren zu können! Um die eigene Sensibilität vor anderen Menschen zu verbergen, bemühen sich viele Hochsensible darum, sich der gefühlt "rauen Welt" anzupassen. Sie versuchen, möglichst tough und unbeeindruckt zu wirken, und trainieren sich mehr oder weniger unbewusst eine recht ruppige Sprache an.
Das kenne ich von mir selbst aus jungen Jahren sehr gut! Ich dachte: "Wenn ich zuerst beiße, dann verletzt mich niemand mehr", und so wurde ich "bissig" in meinen Kommentaren. Was dazu führte, dass ich (wie viele andere sensible Menschen auch) völlig falsch eingeschätzt wurde. Nach dem Motto "Die verträgt`s ja" oder "Wer austeilen kann, muss auch einstecken können" bekam ich viele harte Kommentare und Antworten um die Ohren. Teils als Retourkutschen, aber teils auch aus eben dieser Fehleinschätzung heraus.
Kommt Dir das bekannt vor?
Falls ja: Frag Dich dann doch einmal ganz ehrlich und wohlwollend, ob Du Dir eventuell eine "harsche" Kommunikation angewöhnt hast, die unnötigerweise Gegenwind anfacht?
Eine Kommunikation, die eventuell Konflikte und Ausgrenzung mit sich bringen könnte?
Und falls ja: Magst Du es wagen, innerlich und im zweiten Schritt dann im Außenauftritt "abzurüsten"? Experimentiere damit gerne, und schau, ob und wie sich Deine Beziehungen im Laufe der Zeit verändern. Versteh mich bitte richtig: Es geht nicht darum, dass Du ab jetzt nur noch nett und weichgespült kommunizierst. Es geht darum, unnötige und möglicherweise unbewusst von Dir eingesetzte Härte und Bissigkeit herauszunehmen.
(Wenn Dir jemand doof kommt, kannst und sollst Du weiterhin Zähne zeigen!)
3) Hochsensible mögen oft keinen Small-Talk
Die meisten Menschen lieben Small-Talk. Das gemeinsame Schimpfen über das Wetter, kleine Alltagsanekdoten, whatever: Das sind Gespräche, die verbindende Elemente beinhalten. Kein Tiefgang, kein Konfliktpotenzial, jeder nickt, alle können ihren Senf dazugeben. Gemeinsame Meinungen und Sichtweisen fühlen sich gut an, und hinterlassen ein beruhigendes Gefühl von Verbundenheit.Und danach sehnen sich Menschen sehr oft: Nach Verbundenheit. Zugehörigkeit. Gemeinsamkeiten.
Die meisten hochsensiblen Menschen empfinden jedoch bei Smalltalk große Langeweile. Sie sehen in dem Getratsche und "Gelaber" absolut keinen Sinn, und versuchen, das im Keim zu ersticken und/oder zu flüchten.
Dadurch wirken sie unbewusst abweisend und desinteressiert auf andere Menschen. Ihr Verhalten wird möglicherweise als hochnäsig fehlinterpretiert, und "zack" sind sie wieder Zielscheibe von Mobbing, Ausgrenzung oder Kritik.
Möglicherweise ist es bereits hilfreich für Dich, diese Zusammenhänge zu erkennen? Und vielleicht fällt es Dir dadurch leichter, demnächst mal den ein oder anderen klitzekleinen Schnack mit der Nachbarin oder der Kollegin zu halten?
Musst Du aber nicht. Vielleicht entscheidest Du Dich ja auch ganz bewusst, weiterhin auf Smalltalk zu verzichten, und die ablehnende Reaktion Deiner Umwelt in Kauf zu nehmen. Du kannst Dich ja statt dessen auf die erfüllenden Gespräche mit Deinen Lieblingsmenschen konzentrieren. Qualität, statt Quantität. Das ist völlig okay!
Wer schreibt hier eigentlich? Ich bin Kathrina Hof, Coach, Mentorin für hochsensible Frauen und Fachberaterin Hochsensibilität (BIEK- Institut). Als ich von Hochsensibilität erfuhr, wurde mein Leben endlich leichter! Ich zeige Dir hier gern die Abkürzung
4) Dein Bedürfnis nach Allein-Sein wird falsch verstanden
Als hochsensibler Mensch brauchst Du öfter als andere Zeit für Dich allein. Ohne andere Menschen, ohne Trubel, ohne Außenreize... einfach nur Du. Zeit mit Dir, um Erlebtes zu verarbeiten, um es sacken zu lassen. Zeit, um wieder bei Dir anzukommen. Das bedeutet, dass Du Dich ab und an zurückziehst. Dass Du vielleicht eine Feier früher als alle anderen verlässt. Oder dass Du Treffen absagst. Es bedeutet, dass Du möglicherweise weniger als andere den Kontakt zu Freunden, Nachbarn oder Kollegen suchst. Für Dich, und für alle anderen hochsensiblen Personen macht das total Sinn!
Und gleichzeitig wirkt es auf Andere sehr irritierend. Sie interpretieren möglicherweise aus Unwissenheit Dein Verhalten als "merkwürdig" und beginnen, Dich als Außenseiter anzusehen, und auch so zu behandeln. Du erntest vielleicht flapsige Bemerkungen, Kopfschütteln, und wirst nicht mehr eingeladen.
Manche Menschen interpretieren Deinen zeitweisen Rückzug als Abneigung und beginnen zu glauben, Du hättest etwas gegen sie. Sie nehmen Dein Verhalten persönlich.
Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, meine Handlungsweise selbst kurz aktiv anzusprechen. Den Menschen, die mir besonders am Herzen liegen, und denen ich vertraue, erkläre ich die Zusammenhänge auch schon mal etwas genauer. Bei allen anderen halte ich es kurz, nach dem Motto: "Du weisst ja: Ich bleib nie lang. Hat nix mit Dir zu tun!" Oder: "Ich geh mal kurz raus, meinen Kopf ein bisschen auslüften." etc.
Bitte falle nicht in die "Rechtfertigungsfalle". Du musst Dich für nichts rechtfertigen, und meist kommen ellenlange Erklärungsversuche sowieso nicht gut an. Wenn, dann halte es kurz und knapp, vielleicht mit einem Augenzwinkern oder einem Schuss Humor: "Mein Bett ruft!" Oder "Ich geh jetzt mein Kopfkissen knutschen! Vielen lieben Dank für die Einladung, es war schön mit euch!" So oder so ähnlich... Experimentiere gern mit Formulierungen. Schau, was zu Dir passt, und was sich für Dich in der jeweiligen Situation stimmig anfühlt.
Mobbing ist eine Form von Gewalt
Auch wenn Du Dich vielleicht in dem ein oder anderen Punkt wiedererkannt hast, und Dir klar geworden ist, dass einiges auf Mitmenschen irritierend wirken kann: Mobbing und Ausgrenzung sind durch
nichts zu rechtfertigen. Du musst das nicht ertragen, oder als unabänderliches Schicksal hinnehmen, weil Du es möglicherweise schon länger so kennst.
Mobbing ist und bleibt eine Form von emotionaler und psychischer Gewalt.
Hochsensible sind als Teil einer Minderheit öfter davon betroffen, und aufgrund der Sensibilität nehmen sie sich die Ausgrenzung zusätzlich oft sehr sehr zu Herzen.
Bitte geh nicht in den schamvollen Rückzug, wenn Du als hochsensibler Mensch von Mobbing betroffen sein solltest, sondern finde wohlmeinende Menschen, denen Du Dich anvertrauen kannst. Menschen,
denen Du von den Situationen erzählen kannst, und die Dir den Rücken stärken. Menschen die mit Dir gemeinsam schauen, welche Handlungsmöglichkeiten Du ganz konkret hast.
Ich wünsche Dir ganz viel Erfolg dabei.
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Jennifer Pawlitzki (Mittwoch, 09 August 2023 21:29)
Liebe Kathrina,
ich habe mich gerade beim Lesen deines Beitrags ganz oft selbst erkannt. Gerade beim Thema Smalltalk halten, geht es mir tatsächlich genauso, wie du beschreibst. � Oftmals langweilen mich diese oberflächlichen Gespräche derart, dass ich die Flucht ergreife und dann als "komisch" von anderen wahrgenommen werde. Mir persönlich ist es mittlerweile egal und ich stehe über den Dingen. Ich verbringe diese wertvolle Zeit tatsächlich lieber mit meinen Herzensmenschen, anstatt mich "volltexten" zu lassen. �
Es tut gut, deine Zeilen zu lesen weil mir dann wieder bewusst wird, ich bin nicht alleine "so".
Kathrina Hof (Donnerstag, 10 August 2023 07:13)
Liebe Jennifer,
vielen Dank für Deine Zeilen.�
Toll, dass Dir die Reaktionen der anderen mittlerweile egal sind! Und ja: Du bist nicht allein �
Herzensgrüße
Kathrina